Die Marke WAECHTERSBACH lebt - bald auch wieder in Schlierbach?

Turpin Rosenthal, Unternehmer

Interview mit Turpin Rosenthal am 27. März 2012 in Könitz


Herr Rosenthal, warum haben Sie 2006 gerade diese Fabrik, als sie insolvent war, gekauft?

Die Philosophie, die ich als Unternehmer habe, und die wir als Könitz als Porzellanunternehmen haben, ist, dem Kunden ein Produkt zu geben und gleichzeitig so viel wie möglich in Deutschland zu produzieren. Und es war mein Ansporn, eine Fabrik, die sonst nicht mehr reproduzierbar wäre – bei Waechtersbach wird farbige Keramik hergestellt - zu retten. Leider habe ich das nicht geschafft, aber die Idee war, farbige Keramik am Standort weiter zu produzieren. Die Marke „Waechtersbach“ existiert weiter, aber an diesem Standort wird in Zukunft im besten Fall nur noch eine kleine Produktion stehen.

Sie produzieren auch in zwei anderen Fabriken Porzellan. Wo liegen die Synergien zwischen diesen drei Produzenten?

Wir nennen diese Strategie „Drei plus eins“. Die drei Marken Waechtersbach, Könitz und Weimar Porzellan sind ganz verschieden. Könitz ist ein Becherspezialist. Weimar steht für ganz hochwertige Porzellanmacherkunst unserer Zeit. Und Waechtersbach ist ein Spezialist für Farbe. Und das Plus in „Drei plus eins“ steht für die Möglichkeit, für jeden Kunden, ob das jetzt ein Kaufhof ist oder ob das eine große Marke wie Porsche ist, eine Sonderanfertigung herzustellen. Also drei Marken im Handel und Sonderanfertigungen für jeden, der es braucht.

Was waren die größten Hürden auf dem Weg, die Produktion in Schlierbach wieder aufzubauen?

Es ist in Deutschland schwer, ein Team anzustellen, das eine Allianz der Willigen darstellt. Die Gesetzgebung ist einfach so, dass man die, die am längsten dabei sind oder im Betriebsrat sind, nehmen muss. Und manchmal ist es schwer, mit einem solchen Team in einem schwierigen Wettbewerbsumfeld wettbewerbsfähig zu sein.

Welche Strategien verfolgten Sie, als Sie diese Fabrik hatten? Was war erfolgreich und was war weniger erfolgreich? Ich erinnere mich an zwei Kampagnen. Das eine war die „Fun Factory“, das war eine schöne, farbenfrohe Kollektion, die anscheinend eher ein jüngeres Publikum ansprechen sollte, und die andere war eine, die sich auf die traditionelle deutsche Wertarbeit bezogen hat. War das eine gute Strategie?

Ich würde das jetzt nicht in die Vergangenheit setzen. „Waechtersbach“-Produkte werden ja nach wie vor produziert. Ein Teil dieser Strategie ist nach wie vor am Leben, „Fun Factory“ beispielsweise sind farbige Keramikprodukte in Einstiegs-Preislage, so dass man sich für den Garten oder die Erstausstattung ein nicht zu teures Keramikprodukt zusammenstellen kann – aber eben „Waechtersbach“-typisch: grüne Teller mit gelben Salattellern und orangenen Bechern. Das ist eine Kollektion, die Sie eben nur bei „Waechtersbach Fun Factory“ bekommen.


Fun Factory 2012


Diese Strategie verfolgen wir weiter, und wir verkaufen es übrigens auch mit zunehmendem Erfolg. Dann gibt es die „Waechtersbach“-Becherkollektion. Sie kennen „The Boss“, das ist einfach ein witziges Produkt, das gibt es schon seit 20 Jahren, und ich hoffe, das wird es auch weiter geben, und dieses traditionelle Handwerkerprodukt, das ist etwas in unserem Museum und der Fabrikation, so sie denn zustande kommt, das es dort zu sehen und zu kaufen geben soll. Da würden wir dann auch Dinge haben, die auch handveredelt sind, vielleicht mit Malerei oder so, aber da müssen wir warten, wie sich unser Konzept entwickeln wird.

Es hat ja Wandlungen in der Tischkultur gegeben. Früher hat man sich ein schönes Kaffeeservice gekauft oder ein schönes Dinnerservice, das ist heute nicht mehr ganz so die Sitte. Ich sehe die Tischkultur, die sich sehr verändert hat, und dann kommt noch der globale Wettbewerb. Sehen Sie darin die Hauptprobleme in einer Fabrik wie der Waechtersbacher Keramik?

Der Geschmack wandelt sich, und auch die Art und Weise, wie Menschen essen. Es muss aber nicht alles Billigware sein und in einfacher Qualität. Wenn Sie schauen, wie sich in Europa in den letzten 20, 30 Jahren die Qualität des Essens verbessert hat, dann kann man dem kaum etwas hinzufügen.
Und ich glaube auch: Desto verwöhnter und anspruchsvoller die Menschen sind, desto größer ist auch ihr Wunsch, ein vernünftiges Umfeld zu haben. Das Auffüllen des Marktes mit Billigmöbeln und Billigporzellan und Billigkeramik wird in unseren satten Märkten in Europa nicht mehr lange weiter gehen.
Meine Hoffnung, und auch unsere Strategie, ist es, nicht dieses unterste Preisniveau zu besetzen, sondern Produkte anzubieten, die von der Qualität oder von der Zusammenstellung her attraktiver sind, ein Produkt zu haben, das sich auszeichnet und das auch durchaus noch in Deutschland hergestellt werden kann. Also glaube ich auch, dass diese alten Service-Zusammenstellungen natürlich nicht mehr möglich sind – aber ein schön bunter Tisch. Oder ein Tisch, der eine Philosophie beinhaltet.

Zu welchem Zeitpunkt haben Sie die Entscheidung getroffen, einige Ihrer Produkte unter dem „Waechtersbach“-Logo in Thailand produzieren zu lassen?

Der Endverbraucher entscheidet für sich. Er möchte ein Produkt haben, das ihm gefällt – in einer Preislage, in der er bereit ist, diesen Kauf zu tätigen. Gewisse Produkte, gerade in diesen günstigsten Einstiegs-Preislagen, sind in Deutschland nicht mehr herstellbar. Und deswegen haben wir gewisse Produkte, die sehr günstig sind, oder die hier von den Rohstoffen her nicht herzustellen sind, nach Thailand verlagert.

Bei der Produktion in Schlierbach, gibt es da Pläne, sie wieder zu beleben?

Wir haben weiterhin vor, am Standort Schlierbach „Waechtersbach“-Produkte herzustellen. Momentan beschäftigen wir uns mit der Idee einer gläsernen Produktion, bei der der Verbraucher sehen kann, wie das Produkt hergestellt wird, er kann dort durchlaufen, und natürlich dann im Werksverkauf einkaufen. Das wollen wir auch mit einem Museum kombinieren. Wir haben aber noch eine laufende Insolvenz., und in dieser laufenden Insolvenz eines dieser Fertigungsunternehmen, die früher für „Waechtersbach“ produziert haben, in dieser Situation kann man nicht wieder am gleichen Standort starten, ohne gleich ganz große arbeitsrechtliche Probleme zu haben. Also müssen wir mit dieser Insolvenz fertig werden, bevor wir wieder etwas Neues starten können.

Es wäre natürlich wünschenswert, wenn durch Sie diese Fabrik neues Leben erfüllt.

Das wäre schön. Oder, wie die Araber sagen, Insch Allah – so Gott will.