Harte Arbeit, Verzicht und dennoch den Arbeitsplatz verloren

Doris Freymann, 22 Jahre in der Keramik

Interview bei Familie Freymann in Brachttal-Schlierbach am 26.01.2012.


Frau Freymann Sie haben vom 13.02.84 bis Anfang Januar 2006 als Produktionshelferin in der Fabrik gearbeitet?

Als ich angefangen habe, wurde die Rauware noch abgestaubt. Ich habe mit Abstauben angefangen. Dann wurde oben bei der Henkelgießerei jemand gesucht. Da war ich lange Zeit und dann bin ich unten zum Füllen gegangen. Es wurden Wagen mit Rauware gefüllt und die ist dann zum Brennen zum Ofen gebracht worden, danach wurde die Rauware wieder abgeleert.



War es körperlich schwere Arbeit?

Ja, also bei der Henkelgießerei da haben wir zwischen sechs und sieben Tonnen am Tag herum gehoben; und in der Brennerei war es nicht viel leichter.

Und das waren alles Frauen?

Ja, also als ich in die Brennerei kam, da waren erst noch Männer, die abgeleert haben, und als der Gasofen wegkam, am neuen Tunnelofen waren dann nur noch Frauen. 1*

Frau Freymann, Sie haben täglich 8 Stunden gearbeitet, dazu kamen noch zwei Pausen von 20 und 40 Minuten.

Später haben wir auch 2 Stunden länger arbeiten müssen ohne dass wir es bezahlt bekommen haben.

Wann fing das an?

Das war noch vor der ersten Insolvenz. Wir haben kein Urlaubsgeld mehr bekommen und kein Weihnachtsgeld. Dann haben wir 8 Std im Monat für die Firma gearbeitet, die wir nicht bezahlt bekommen haben.

Was war das Beste an Ihrer Arbeit, was hat Ihnen am meisten gefallen?



Also die Arbeit hat mir Spaß gemacht, wenn oben bei den Henkeln wieder eine Form leer war, und dann unten beim Füllen, da haben wir von der Gießerei das Zeug bekommen - wieder ein Wagen leer, oder wieder einer gefüllt. Wir mussten ja jeden Tag so und so viel füllen, also das hat mir schon Spaß gemacht, und auch die Teamarbeit, das ging auch. Nur dann, als wir gestoppt sind worden, ist die eine Kollegin ein bisschen ... aber das haben wir auch hin bekommen.

Gestoppt?

Das heißt Akkord, Zeit ist dann berechnet worden.

Was hat Ihnen weniger gefallen?

Oh jeh, das weiß ich jetzt nicht, was mir nicht gefallen hat. Ich bin gern arbeiten gegangen. Ich hab ja schon immer gearbeitet. Ich bin mit 13 aus der Schule gekommen, da hab ich angefangen zu arbeiten. Bis ich dann aufgehört hab, hab ich immer was gemacht. Ich kann nicht sagen, was mir nicht gefallen hat.

War es gute Teamarbeit?

Ja, ich hab mit jedem heute noch Kontakt, mit jedem, mit jeder Arbeitskollegin kann man sagen.

Und wer waren die Arbeitskollegen?

Also oben hab ich mit einer Frau Rist zusammen gearbeitet, die heute bei Fulda wohnt. Wir telefonieren immer noch ab und zu. Als ich in der Brennerei runter kam, haben wir mit 4-5 Frauen zusammen gearbeitet. Ich habe auch noch mit allen Kontakt.

Haben Sie die erste Insolvenz noch mit gemacht?

Ja, da haben wir auch mal 4 Wochen gearbeitet und kein Geld bekommen.

Und wurden dann bei der ersten Insolvenz schon viele Leute entlassen?

Ja, dann hieß es, wenn wir auf Geld verzichten für 4 Wochen, dann werden nicht so viele Leute entlassen. Aber es sind dann doch Leute entlassen worden, obwohl wir auf das Geld verzichtet haben.

Von wem ging das aus, dass die Leute entlassen wurden? Noch von der alten Geschäftsleitung?

Ja. Das war der Herr Paus. Der hat aber dann auch aufgehört.

Gibt es eine besonders schöne Erinnerung oder Begebenheit aus dem Arbeitsalltag, vielleicht eine Feier?

Na ja, das waren die Weihnachtsfeiern, und dann wurde nur gefeiert, wenn jemand 25 Jahre oder 40 oder 45 Jahre dort war, aber zum Schluss ist dann gar nicht mehr gefeiert worden, weil das Betriebsklima dann schon ein bisschen gestört war, durch die Insolvenz, und dann hieß es ihr könnt in der Frühstückspause feiern, dann wird wieder gearbeitet. Vorher haben wir immer eine Stunde freibekommen, wenn einer 25 jähriges Bestehen hatte oder so, aber dann nicht mehr.